Sehtraining versus Brille

Deutschlandweit steigt der Anteil der Beschäftigten an reinen Bildschirmarbeitsplätzen laut jüngsten Arbeitswelt-Erhebungen stetig. Nach der ifo/DEKRA-Studie 2024 arbeiten bereits knapp ein Viertel der Erwerbstätigen regelmäßig aus dem Home-Office. Nach Feierabend folgen Gaming-Sessions, Serien-Streaming und endloses Smartphone-Scrollen. Das Resultat heißt Digital-Eye-Strain – trockene, müde, manchmal schmerzende Augen. Kein Wunder also, dass in Optikerfachgeschäften vermehrt nach Sehtrainings-Workshops gefragt wird: „Kann ich meine Brille wegüben, wenn ich jeden Tag Augenyoga mache?“

Was Sehtraining tatsächlich kann

Mehr visuelle Effizienz
Gezielte Übungen schulen die Mikrobewegungen der Augen – die sogenannten Sakkaden. Wer regelmäßig Blicksprünge, Nah-Fern-Fokus oder diagonale Augenrollen trainiert, schaltet schneller zwischen Bildschirm und Raumumgebung um. Das spart Millisekunden, die sich im Büroalltag bemerkbar machen können, etwa beim Lesen oder beim Datenabgleich in Tabellen.

Entlastung angespannter Muskeln
Unter Dauer-Nahsicht verkrampft vor allem der Ziliarmuskel, der die Linse krümmt. Palmieren, 20-20-20-Pausen oder Akkommodationswechsel dehnen ihn wieder in die Ruheposition. Viele Anwender berichten, dass Spannungskopfschmerzen und Stirnziehen so deutlich zurückgehen.

Stabilerer Tränenfilm
Bewusstes Blinzeln – etwa zwölfmal pro Minute – verteilt die schützende Lipidschicht gleichmäßiger auf der Hornhaut. Das reduziert trockene Augen und beugt dem Office-Eye-Syndrom vor.

Größeres Gesichtsfeld
Außengelenkte Übungen – zum Beispiel das „Daumen-Tracking“ am Rand des Sichtfelds – fördern periphere Wahrnehmung. Wer viel Rad in der Stadt fährt, profitiert, weil er herannahende E-Scooter oder Straßenbahnen früher registriert.

Was Sehtraining nicht kann

Trotz spürbarer Entlastung sind Augenübungen keine Orthopädie für den Augapfel. Kurz- und Weitsichtigkeit entstehen durch eine zu lange oder zu kurze Augenachse; Astigmatismus durch ungleich gekrümmte Hornhaut.

Kein Training verkürzt oder streckt das Auge. Auch Altersweitsichtigkeit, bei der die Linse an Elastizität verliert, lässt sich nicht „massieren“. Ebenso wenig verschwinden Augenerkrankungen wie Katarakt oder Grüner Star durch Palmieren und Fokuswechsel.

Wissenschaftliche Metaanalysen bestätigen: Verbesserungen beziehen sich auf Komfort, nicht auf Dioptrien-Werte.

Brille: Korrektur statt Entspannung

Eine individuell geschliffene Brille lenkt einfallendes Licht so, dass auf der Netzhaut wieder scharfes, überlappendes Bild entsteht. Moderne Gläser sind Dünnschliffe, Asphären oder Freiform-Gleitsichtflächen. Beschichtungen reichen von Super-Entspiegelung bis Hartlack mit Lotus-Effekt.

Genauso innovativ sind die Fassungen: ultraleichtes Edelstahl, recyceltes Acetat oder flexible Memory-Metalle. Ein Beispiel für ein robustes, alltagstaugliches Design ist die Calvin Klein Brille, deren Finish vor allem junge Street-Styles ergänzt, ohne beim Gewicht Abstriche zu machen.

Synergie statt Entweder-oder

Anliegen

Rolle des Sehtrainings

Rolle der Brille

Digital-Eye-Strain

Muskulatur entspannen, Blinzelfrequenz erhöhen, Mikropausen strukturieren

Entspiegelte Office-Gläser mit Blaulichtfilter und großem Nahbereich

Fahrten in der Dämmerung

Periphere Sakkaden schulen, Hell-Dunkel-Wechsel üben

Kontraststeigernde, ggf. leicht getönte Gläser mit Super-AR-Coating

Sport & Outdoor

Fixationssicherheit trainieren, Hand-Augen-Koordination fördern

Stoßfeste, federleichte Fassungen mit UV-400-Clip (z. B. Modelle wie oben)

Alterssichtigkeit

Nah-Fern-Wechsel als Lockerungsübung

Gleitsicht- oder Office-Gläser, die die fehlende Linsenflexibilität ersetzen

 

Fiktive Leipziger Alltagsszenarien

Start-up-Programmiererin Anne (29)
Verbringt bis zu zehn Stunden mit Code-Zeilen und trägt – trotz nur –0,5 dpt – eine entspiegelte Arbeitsplatzbrille. Seit sie alle 20 Minuten den Blick zur City-Hochhaus-Spitze lenkt, braucht sie weniger künstliche Tränen und hat die Mittagspausen-Kopfschmerzen abgeschüttelt.

Cello-Student Jonas (24)
Übt täglich in der Musikhochschule. Mit seiner leichten „Denim-Look“-Fassung plus Clip-On filtert er Scheinwerferblenden bei Konzerten. Vor Proben macht er fünf Minuten diagonale Augenrollen, damit ihm Notenblatt-Wechsel schneller gelingen.

Busfahrerin Petra (47)
Kämpft mit beginnender Presbyopie. Ihre Gleitsichtbrille liefert klare Distanzen, doch nach Schichtende fühlt sie Augenbrennen. Palmieren im Pausenhäuschen und bewusste Blinzelintervalle senken ihr Trockenheitsgefühl laut eigener Aussage um „bestimmt 50 Prozent“.

Augenübungskatalog für den Büroalltag

  1. 20-20-20: alle 20 Minuten 20 Sekunden auf 6 m Entfernung schauen.

  2. Palmieren: warme Handflächen rund eine Minute sanft auf geschlossene Lider legen.

  3. Blicksprünge: zwei Finger 30 cm auseinander auf Augenhöhe halten, 30 Sekunden hin- und herschauen.

  4. Nah-Fern-Fokus: Daumen bei 20 cm fixieren, dann Fensterrahmen in 10 m Entfernung; zehn Wiederholungen.

  5. Langsames Augenrollen: fünf Umläufe im Uhrzeigersinn, fünf dagegen, Kopf bleibt still.

Alle Übungen können in kompletter Bildschirmzeit-Hygiene nur so wirksam sein wie der Alltag sie zulässt: optimale Raumbeleuchtung, ausreichende Luftfeuchtigkeit und gelegentliche Gänge an die frische Luft bleiben Pflicht.

Wann zum Augenarzt?

  • Bei plötzlich verschwommenem Sehen oder Doppelbildern

  • Wenn sich Kopfschmerzen trotz Trainings und ergonomischer Brille häufen

  • Bei anhaltender Rötung oder Brennen trotz Tränenersatzmitteln

  • Bei Kindern, deren Schulleistung oder Motorik auffällig nachlässt

In diesen Fällen ist ein augenärztlicher Check unverzichtbar. Nur dadurch lassen sich Hornhautdicke, Augeninnendruck und Netzhautgesundheit valide prüfen.

Checkliste „Rundum-Sicht“

  • Sehtest: alle zwei Jahre; bei Bildschirmarbeitsplatz jährlich

  • Fassung: leicht, rutschfest, idealerweise mit Nasen-Pads; Design darf motivieren

  • Gläser: mindestens Grundentspiegelung + Hartlack; bei Viel-Digitallesern Blaulichtfilter erwägen

  • Training: fünf Minuten pro Stunde leichte Übungen oder alternative Nah-Fern-Fokussierungen

  • Lifestyle: 1,5 l Wasser täglich, blinkfreundliche Luftfeuchte (40 % – 60 %), Dehnpausen für Rücken und Nacken

Wer diese Punkte kombiniert, erreicht das, was Experten „visuellen Workplace-Flow“ nennen – flüssiges, ermüdungsfreies Sehen, ohne die Augen zu überlasten oder ständig zwischen Brille und Bildschirm entnervt hin- und herzuwandern.

 

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